HEILBRONNER STIMME
Heilbronn | SPORT | Montag, 17. April 2023
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Immer wieder präsentiert Milan Hosseini den Fotografen die Medaille. Fotos: dpa
 
 

Im Bronze-Rausch

TURNEN Milan Hosseini von der TG Böckingen überrascht bei der EM mit der einzigen Männer-Medaille

Von unserer Redakteurin Stefanie Wahl

Sie stehen Spalier. Nur für ihn. Sie feiern ihn im Bauch des Antalya Spor Salonu mit einer La Ola: Milan Hosseini. Der Neuling strahlt. Er ist in diesem Moment der Mittelpunkt des Turn-Teams Deutschland. Die Sensation am Samstag. Weil er bei seinen ersten Europameisterschaften schafft, was keiner von ihm erwartet. Nicht einmal er selbst. Der 21-Jährige von der TG Böckingen holt am Boden überraschend Bronze. Die einzige Medaille für die deutschen Männer bei den Titelkämpfen in der Türkei. „Besser hätte ich mir meine erste EM gar nicht vorstellen können“, sagt der Unterländer Sportler des Jahres und ist auch noch am Tag danach beseelt von den Ereignissen zuvor.

Couragiert Nach seiner Kür, die weder perfekt noch fehlerfrei ist, ballt Milan Hosseini die Fäuste. Der Bundestrainer Valeri Belenki klatscht in die Hände, umarmt seinen Einzelstarter.

Wenige Tage zuvor noch verpasst dieser knapp den Sprung in die Mannschaft, darf dafür am Sprung und an seinem Lieblingsgerät ran. In der Qualifikation überzeugt der Mann aus Flein mit 14,266 Punkten als Vierter, in seinem ersten internationalen Finale turnt der deutsche Meister am Boden couragiert und steht nach 14,200 Punkten und einer nervenaufreibenden Zeit des Bangens mit dem britischen Europameister Luke Whitehouse (14,900) und Titelverteidiger, Olympiasieger Artem Dolgopyat aus Israel (14,660) auf dem Podest. Er, Milan Hosseini, und nicht der Brite Harry Hepworth. Weil er von den Wertungsrichtern trotz Punktgleichheit aufgrund der höheren Ausführungsquote auf Platz drei gesetzt wird. Hosseinis Gedanken: „Die ganze harte Arbeit hat sich ausgezahlt.“ Der Rest: einfach unbeschreiblich.

Der Newcomer winkt vom Podium ins spärlich anwesende Publikum. Tränen stehen in seinen Augen. Angefasst blickt er nach oben in den Hallenhimmel, als ob ihm dort gönnerhaft jemand zunicken würde – zum Zeichen, dass dies sein verdienter Lohn für die Weiterentwicklung besonders nach der Schulteroperation 2021 sei.

Den Fotografen hält Milan Hosseini seine Bronzemedaille hin, strahlt und blickt doch immer wieder achtsam hinüber zu den Arrivierten seiner Zunft, um auch alles richtig zu machen. Als Debütant sind diese Abläufe längst nicht so automatisiert wie jene auf der Bodenfläche. „Ich hatte richtig Bock auf das Finale, wollte eine geile Übung zeigen und Spaß haben“, sagt Milan Hosseini. Das gelingt ihm, wenngleich die Landung nach dem Doppelsalto mit Doppelschraube nicht sauber ist und ihn drei oder vier Zehntel kostet. Am Ausgangswert verliert er ein Zehntel, weil er nur zwei statt drei Russenwendeschwünge zeigt. Doch der Bundestrainer freut sich riesig für seinen Premierenmann: „Man hat gesehen, er brennt. Er wollte unbedingt ins Finale und jetzt steht er hier mit einer Medaille – Wahnsinn. Ich bin auf jeden Fall stolz auf ihn.“

Was folgt, sind Interviews und Feierlichkeiten. Noch ist keine Zeit bei dem Mitglied des Sporthilfe Perspektivteams 2024, das schon im Februar beim Weltcup in Cottbus Zweiter am Boden wird, zu realisieren. „Ich muss noch ein paar Stunden den Moment genießen, dann erst begreife ich richtig, dass ich es geschafft habe“, sagt Milan Hosseini – und weiß doch schon, dass er am Montag in der Früh überglücklich Antalya verlassen wird. „Und dann noch mit einer Bronzemedaille, damit hätte ich nie gerechnet.“

Trainingsalltag wartet Am Sonntag ist Milan Hosseini noch einmal in die Halle gegangen. Zum letzten Finaltag der EM in der Türkei. Um Fan zu sein, Zuzuschauen ohne Druck. Zu genießen. Ehe er zurückfliegt nach Berlin, wo am Dienstag der (Trainings-)Alltag weitergeht. Weil die nächsten Aufgaben bereits terminiert sind: In der Turn-Bundesliga geht es mit dem Mannschaftsmeister TuS Vinnhorst am Samstag zur KTV Straubenhardt, ehe der Heimkampf gegen Frankfurt ansteht.

„Danach sind erstmal zwei Wochen Urlaub, um ein bisschen runterzufahren und meinem Körper etwas Regeneration zu geben“, sagt Milan Hosseini. Die vergangenen Monate sind hart gewesen. dicht gedrängt die Belastungsrhythmen.

„Besser hätte ich mir meine erste EM gar nicht vorstellen können.“ (Milan Hosseini)

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